Kathleen Unterspann - Ortsvorstand
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(M)Ein Leben in Europa
1948 - Freiheit und Frieden
„Die am Ende 1948 entstandene Allgemeine Erklärung der Menschenrechte wurde von sehr unterschiedlichen politischen Regimen verfasst und versprach Freiheit und Gleichheit für alle Menschen. Ich habe sehr viel Glück gehabt, 1948 in Europa geboren worden zu sein. Ich bin mit diesen Ideen und mit diesem Optimismus groß geworden.
Eine der größten Errungenschaften der Nachkriegsgeneration ist die Befriedung Europas. Die Schaffung der Europäischen Union hatte zum Ziel, den zahlreichen blutigen Kriegen zwischen den Nachbarländern, die in den Zweiten Weltkrieg mündeten, ein Ende zu setzen. Sie hat Ziele und Werte im Vertrag von Lissabon und in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union festgelegt.“
Entstehung der EU (Quelle: Wikipedia)
Seit dem Jahr 1950 beginnt mit der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl die wirtschaftliche und politische Vereinigung der europäischen Länder zur Sicherung eines dauerhaften Friedens. Die sechs Gründerländer sind Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande. Mit dem Vertrag von Rom, der im Jahr 1957 unterzeichnet wird, entsteht die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) - der Gemeinsame Markt.
Das Europäische Parlament erhält mehr Einfluss auf die EU-Politik; im Jahr 1979 können alle Bürger erstmals ihre Vertreter im Parlament direkt wählen. In den 1970er Jahren werden die Maßnahmen gegen Umweltverschmutzung verstärkt. Die EU erlässt Vorschriften zum Schutz der Umwelt und führt das Verursacherprinzip ein.
Im Jahr 1993 ist der Binnenmarkt vollendet; seine Kennzeichen sind die vier Grundfreiheiten: freier Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Personen und Kapital. Außerdem werden in den 1990er Jahren zwei Verträge geschlossen: Der Vertrag über die Europäische Union („Vertrag von Maastricht“) und der Vertrag von Amsterdam.
1957 -1965 Begegnungen mit den Sprachen Europas
„Persönliche Kontakte zu anderen Europäern waren für mich als schottische Schülerin in den 50ziger und frühen 60ziger Jahren kaum realisierbar, in meinem Umfeld konnten sich die wenigsten Familien leisten zu verreisen. Meine ersten Begegnungen mit den Sprachen Europas waren in Fernsehen und Film.
Als ich im Grundschulalter war, begann der „Liederwettbewerb der Eurovision“, auch in Deutschland als „ Eurovision Song Contest“ oder ESC bekannt. Auch damals zierte sich Großbritannien und nahm am ersten ESC nicht teil. Alle 7 teilnehmenden Länder mussten (2!) Lieder in der jeweils eigenen Muttersprache anbieten. Da Luxembourg, die Schweiz, Frankreich und Belgien teilnahmen, war Französisch die Hauptsprache und es war keine Überraschung, dass das Siegerlied auf Französisch gesungen wurde. Es war das erste Mal, dass ich überhaupt eine andere Sprache als die englische gehört hatte, und ich war begeistert!
Trotz unserer geographischen Lage am Rande Europas lernten wir damals in den weiterführenden Schulen alle mindestens eine europäische Sprache, wenn nicht zwei, pflegten Brieffreundschaften (wir schrieben echte Briefe, keine E-Mails!) und schauten uns Filmberichte über die Länder Europas an.
Obgleich Fremdsprachen uns übers Lesen und vor allem über das Erlernen der Grammatikregeln vermittelt wurden, gab es auch „Highlights“, die ahnen ließen, wie sich die gesprochene Sprache anhörte: Francoise Hardy trillerte „Tous les garcons et les filles de Montmartre“, Elvis entdeckte ein bayerisches Volkslied („Muss i denn“) und dichtete einen englischen Text dazu („Wooden heart“).“
Europäische Bildungsprogramme (www.erasmusplus.de)
Die Bildungsprogramme der EU, von denen Comenius für den Bereich der Schulbildung und Erasmus für den Bereich der Hochschulbildung die bekanntesten sind, haben unter anderem folgende Ziele: Ausbau der allgemeinen Bildung auf allen Ebenen, Förderung der Zusammenarbeit im Bereich der allgemeinen Bildung und dadurch Verbesserung der Fremdsprachenkenntnisse und Unterstützung der Verwendung neuer Technologien im Bildungsbereich.
eTwinning fördert Schulpartnerschaften in Europa durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT). Das Portal bietet Unterstützung, Werkzeuge und Dienste. eTwinning stellt außerdem Angebote zur kostenlosen und kontinuierlichen Weiterbildung für Pädagogen bereit.
Ende der 60ziger Jahre - Reisen, Mobilität in Europa
„Rückblickend war das Reisen in Europa wenig umweltfreundlich und extrem anstrengend. Zugegeben, da es keine billigen Flüge gab, reisten die meisten Menschen mit dem Zug: Jedoch erst zwischen 1955 und 1963 wurden die alten Dampflokomotiven z. B. auf der Strecke Edinburgh – London durch Diesel- und Elektrolokomotiven ersetzt. Die Züge waren nicht sonderlich schnell. Meine Reise von Edinburgh nach Stuttgart, die ich 1968 antrat, um ein Auslandsstudium zu absolvieren, fuhr über London, Dover, Ostende und Köln und dauerte länger als 24 Stunden, da man sich in Dover auf die Fähre nach Ostende bemühen musste. Bei jeder Grenze musste man den Reisepass vorzeigen und ihn abstempeln lassen.“
Im Vergleich steht folgende Bewertung eines jungen Engländers zum Reisen mit dem Interrail Pass heute (www.interrail.eu):
„Einfach unkompliziert mit dem Zug durch Europa reisen“
Mit einem Interrail Pass kann man so unkompliziert mit dem Zug durch Europa reisen. Man muss sich keinerlei Gedanken machen, einen bestimmten Zug zu bekommen, man muss nicht am Fahrkartenschalter anstehen und man muss sich auch nicht schlecht fühlen, weil man eine bestimmte Sprache nicht spricht. Außerdem ist das Preis-Leistungs-Verhältnis echt gut, besonders auf langen Reisen. Die Lieferung per DHL war klasse und auf der Website kann man die Sendung vom Verschicken bis zur Lieferung verfolgen.
Trustpilot-Bewertung von Mark, Vereinigtes Königreich
1968 - Wohnen und Studieren in Europa
„Als Studentin in Tübingen im Jahr 1968 wohnte ich bei einer deutschen Familie, die ihre Räumlichkeiten nur an internationale Studentinnen vermietete. Klara Riedel und ihre Verwandte, Anna Freythaler, öffneten der Welt ihre Türen. Sonntags kochte Anna für uns alle, meistens Spätzle, und sonnabends gab es Most und Zwiebelkuchen. Ihre Gastfreundschaft (es war 1968, knapp 23 Jahre nach Kriegsende) hat mich damals sehr beeindruckt und prägt bis heute mein optimistisches „Deutschlandbild“.
Auslandssemester waren hauptsächlich damals für Sprachenstudenten. Die heimische Universität übernahm nur die Anmelde- und Studiengebühren, für die Lebenshaltungs- und Reisekosten mussten die Eltern aufkommen. Einige von uns sind dann in den Sommerferien geblieben und haben in Restaurants oder Jugendherbergen gearbeitet, um die Reise nach Hause antreten zu können!“
europa.eu/youreurope/citizens/education/university/index_de.
Studierende können über Erasmus+ einen Teil ihres Studiums oder ein Praktikum in einem Unternehmen im Ausland absolvieren. Innerhalb Europas werden im Rahmen des Erasmus-Programms keine Anmelde- oder Studiengebühren erhoben. Studierende können ein EU-Stipendium für die Lebenshaltungs- und Reisekosten erhalten.
Ab 1970 - Arbeiten in Europa
„Ab 1970, als ich zuerst in Frankreich und dann in Deutschland unterrichtete, begegnete ich immer wieder zwei wichtigen Begriffen: „carte de séjour“ oder „Aufenthaltserlaubnis“ und „carte de travail“, auf Deutsch „Arbeitserlaubnis“. Man brauchte eine Aufenthaltserlaubnis, um eine Arbeitserlaubnis zu beantragen und umgekehrt – ein Teufelskreis! Ich wohnte damals in Hamburg und besuchte regelmäßig das „Bieberhaus“, den damaligen Sitz der Ausländerbehörde am Hauptbahnhof. Das Haus sah von außen sehr imposant aus, das Bürolabyrinth im Inneren wirkte eher einschüchternd auf die vielen Wartenden aus dem europäischen Ausland. Ich war froh, als wir nach Halstenbek zogen und das kleine freundliche Auslandsamt in Pinneberg die Ausstellung von Aufenthaltserlaubnis bzw. Arbeitserlaubnis übernahm.
Um Anerkennung für meine im Ausland erworbenen Abschlüsse zu erhalten, brauchte ich unzählige teure Übersetzungen und einen langen Atem.“
www.eu-info.de
Jeder EU-Bürger hat das Recht, in einem anderen Mitgliedstaat zu leben, zu arbeiten und zu wohnen, so lautet das europäische Bürgerrecht der „Freizügigkeit“. Die Freizügigkeit ist ein wesentlicher Bestandteil der „Unionsbürgerschaft“ und wohl das wichtigste Recht, das der einzelne Bürger aus dem EU-Recht herleiten kann.
https://www.anerkennung-in-deutschland.de
Seit 2005 gibt es die neue EU-Berufsanerkennungsrichtlinie. Sie sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten der EU die jeweiligen Berufsabschlüsse grundsätzlich als gleichwertig anerkennen und den Berufsangehörigen freien Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt gewähren.
Wer in einem anderen EU-Mitgliedstaat arbeiten möchte, muss die Anforderungen erfüllen, die dort an seine Berufsqualifikation gestellt werden. Die Mitgliedstaaten erkennen Berufsabschlüsse gegenseitig an, wenn sie zur Ausübung eines Berufes berechtigen und die Ausbildung nicht wesentlich anders verläuft als im Gastland.
1979 - Demokratie in Europa und die erste Europawahl
„In meinen ersten Jahren in Deutschland durfte ich weder bei Bundestagswahlen noch bei Kommunalwahlen wählen. Auch bei der ersten Direktwahl des Europäischen Parlaments im Jahr 1979 war ich sowohl in Großbritannien als auch in Deutschland ohne Stimme, da das Wahlrecht im Wesentlichen national geregelt ist.“
Für die Teilnahme an der Europawahl gelten für Unionsbürgerinnen und -bürger die gleichen Zulassungsbedingungen wie für Deutsche:
Voraussetzung ist, dass sie
- das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben und
- in ein Wählerverzeichnis eingetragen sind,
- seit mindestens drei Monaten
- a) in der Bundesrepublik Deutschland oder
- b) in den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union
- eine Wohnung innehaben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten,
- nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen sind.
- In Deutschland lebende EU-Bürger müssen sich entscheiden, ob sie an ihrem Wohnsitz in Deutschland oder in ihrer Heimat wählen möchten.
2019 - Und Brexit?
„Die Brexit-Krise macht deutlich, was wir an der EU haben und was auf dem Spiel in dieser Europawahl steht. Die kritischen, populistischen Stimmen in Großbritannien, die vor dem Referendum in 2016 mit falschen Versprechungen und Unwahrheiten laut waren, sind auch in anderen Ländern Europas zu hören, leider auch in Deutschland. Über die Bürokratie in Brüssel wird der Kopf geschüttelt, Kritik an der Schwerfälligkeit der EU ist sicher in einigen Fällen gerechtfertigt –aber ohne die EU und die vielen Debatten, die mühsam errungenen Kompromisse und die daraus entstehenden Regeln wäre die Zusammenarbeit in Europa, das Reisen, das Wohnen, der Handel, das Arbeiten, sehr viel komplizierter und vor allem unsicherer.“
Im Grünen Wahlprogramm finden Sie unser Versprechen für Europa. „Wir wollen Europas Rolle in der Welt stärken und die EU wieder handlungsfähiger machen. Ziel ist es, die Klimakrise zu bekämpfen, Europas Demokratie zu verteidigen und für sozialen Ausgleich innerhalb Europas zu sorgen.“
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